Vor kurzem feierte ich zum fünften Mal meinen zweiten Geburtstag. Was zwei Geburtstage? Mit ruhigem Gewissen kann ich versichern, dass ich nicht verrückt bin und keine Scherze mache. Im Gegenteil, mir ist nicht nach witzereissen zu Mute. Vor 5 Jahren bekam ich einfach so, ohne eine Gegenleistung ein neues Leben geschenkt. Wie das? Ein Engel auf Erden, mein Engel, hat mir eine Niere gespendet. Das Erwachen nach dem künstlichen Nickerchen war seltsam, aber ganz gut. Schneller als gedacht stand ich auf eigenen Beinen und die Kindheit und die Jugend meines neuen Lebens schoss nur so an mir vorbei und nach einem Jahr war ich bereits volljährig. Sprich, die Transplantation galt als erfolgreich. Ich fühlte mich und fühle mich immer noch so voller Energie und Tatendrang, wie schon ewig nicht mehr. Vorher-Nachher: Lichtjahre voneinander entfernt. Zweifelsfrei verrichten Maschinen einen guten Job und verhindern das frühzeitige Ableben. Mehr aber auch nicht. Das Wort Überleben trifft diesen Zustand ziemlich ins Schwarze. Mein Engel ist aus Fleisch und Blut, andere sind auf eine geflügelte Lichtgestalt aus dem Jenseits angewiesen. Etwas weniger poetisch formuliert: Sie müssen warten, bis ein:e Spendewillige:r stirbt. Da Helden heutzutage ob lebend oder tot Mangelware sind, kann das unterumständen mehrere Jahre dauern oder aber bis zum Tod. Eine Transplantation kann im schlimmsten Fall schief gehen. Das Organ wird abgestossen, der lebende Spender stirbt oder, oder, oder. Viel häufiger jedoch ist die Transplantation ein Gewinn für beide Seiten. An dieser Stelle zitiere ich noch so gerne meinen Engel: «Die Spende war das Beste, was ich in meinem Leben gemacht habe, und würde es jederzeit wieder tun.» Und ich wage die kühne Behauptung, auch die Angehörigen eines toten Spenders finden Trost in der Vorstellung, dass der Verstorbene mehreren Menschen das Leben gerettet hat. Spenden schenkt nicht nur Leben, es macht auch glücklich.
🥰💕💕